Bikepacking mit Hund im Elbsandsteingebirge
Elberadweg und Nationalpark - die perfekte Kombination zum Radfahren mit Hund
An einer besonders reizvollen Stelle des Elberadwegs beginnt unsere Schleife entlang der Elbe und durch's Hinterland des Nationalparks. Pirna wähle ich als Startpunkt, nur wenige Kilometer südlich von Dresden. Hier hat sich die Elbe eine tiefe Schlucht gegraben, durch die sie in großen Windungen träge und trüb braun dahinfließt. Ich liebe weite Ausblicke und die hat man naturgemäß nur dort, wo es Höhen und Täler gibt. Also bin ich hier richtig. Grob habe ich einen Streckenplan zurecht geschustert und das Rad wird vollgepackt mit Campingzeug. Es soll in Etappen, entlang der Elbe gehen, doch auch über Radrouten des Nationalparks. Die Etappen sind völlig variabel, auch die Strecke ist flexibel. Ich weiß nur, dass eine Tagesetappe ein Mix sein muss aus Radfernweg, auf dem Napoli mit Sicherheit im Anhänger bleiben muss, und aus unbefestigten, möglichst ruhigen Wegen, auf denen er laufen kann.
Wir beginnen der Einfachheit halber mal mit dem Elbradweg. Es ist Sonntag und viele Rennradfahrer brausen an uns vorbei. Wir überholen trödelnde Gruppen auf quietschenden Rädern, andere Radreisende überholen uns. Manchmal ist es verdammt eng und ein Spiegel wäre nicht unrecht, in dem ich sehen kann, wie nah mein Anhänger der Begrenzung kommt. MEIN Hund könnte hier keinesfalls laufen. Weder ich noch er noch die anderen Radfahrer fänden das lustig.
Während es recht flott vorwärts geht, bestaune ich die Gegend, die mir schon mal gut gefällt auch wenn hier ganz gut was los ist. Ein Ausflugsdampfer begleitet uns sozusagen in gleichem Tempo von Pirna bis Bad Schandau. Ich nehme mir vor, Strecke zu machen, so lange Napoli hinten drin nicht quengelt. Irgendwann ragen die typischen Felssäulen aus Sandstein auf der gegenüberliegenden Flußseite sehr markant in den Himmel und ich erkenne hoch oben eine steinerne Brücke. Aha, natürlich habe ich mich mit den Highlights der Gegend nicht vertraut gemacht, doch diese Brücke kenne ich aus anderer Ansicht. Ruft man Bilder zur Sächsischen Schweiz auf, erscheint unzählige Male diese Brücke. Immer in wunderschöner Lichtstimmung und menschenleer. Na ja, ich sehe von hier unten Mensch an Mensch auf der Brücke stehen und weiß: dort muss ich nicht hin. Es ist übrigens die Bastei, wie ich später lerne.
In Bad Schandau wechseln wir die Flußseite und ich fülle die Vorräte auf. Es ist Zeit, an einen Rastplatz zu denken. Die kurze Nacht der Anreise sitzt mir in den Knochen. Außerdem tauchen wir dann bald in den Nationalpark ein, wo wildes Zelten natürlich untersagt ist. Eine brutale Steigung mit 25% nach Ostrau hinauf, bringt mich schiebend noch an meine Grenze. Zur Belohnung finde ich an einem verlassenen Grundstück einen uneinsehbaren Platz für die Nacht.
Gut erholt beginnt der Tag mit den ersten Sonnenstrahlen. Heute kann Napoli nachholen, was gestern zu kurz kam: laufen. Die Radroute durch den Nationalpark windet sich auf den breiteren Wegen durch Thüringen's Forst. Im auf und ab, mal glatt, mal etwas schottriger durchfährt man die Gegend und sieht außer Wald nicht viel. Hier und da eine Felsformation. Vor allem für den Hund sehr viel schöner wird es im darauf folgenden Kirschnitztal. Dem Bachlauf der Kirschnitz folgend, bewegt sich meine Route auf Tschechien zu. Immer wieder schicke ich Napoli zur Erfrischung ins Wasser, doch er ist bereits recht erschöpft und zieht irgendwann den Anhänger vor.
Die Gegend wird immer unbelebter und nachdem ich die Grenze passiert habe ändert sich die Landschaft etwas. Es wird offener, was vielleicht daran liegt, dass der Wald ziemlich gerodet wurde. Jedenfalls bin ich froh als der Schotter in Asphalt über geht. Mir reichts, ich will jetzt wieder mal was anderes sehen als nur Bäume.
Und dann endlich erreichen wir eine Ansammlung von Häusern, mehrere davon Gaststätten. Nach einem leckeren Essen und einer Siesta für Napoli, mit aufgefüllten Trinkflaschen, fühle ich mich wieder richtig gut. Mit einem landschaftlich lohnenden Abstecher geht es weiter über kaum befahrene Nebenstraßen. Ich hatte mir grob ein Etappenziel ausgeschaut, das aber für eine Übernachtung völlig ungeeignet war. Also weiter abwärts Richtung Elbe. Nicht gut, denn dort würde ich mit Sicherheit auch keinen geeigneten Platz finden. Also weiter wieder bergauf. In der kühleren Abendluft, mit einem zufriedenen Hund im Anhänger und wenig störenden Autos strampele ich lange wieder bergauf und wundere mich über meine Kondition nach diesem langen Tag. Ein tschechisches Dorf durchqueren wir. Wieder geht es bergab und ..... bergauf. Dieses Mal möchte ich einen Platz mit Morgensonne. Also müssen wir noch eine Hangkante umrunden. Und dann endlich kann ich mich für einen Rastplatz im Wald entscheiden.
Das Highlight des nächsten Tages sollte ein Aussichtspunkt sein, den ich in Komoot ausfindig gemacht hatte. Aber zunächst brauche ich unbedingt etwas zu essen und Flüssigkeit. Glücklicherweise gibt es im nächsten Ort einen "Kiosk", eine Bar, die auch ein paar Lebensmittel verkauft - unter anderem dick mit Käse und Salami belegte frische Baguettes. Was will man mehr?
In Deutschland und auch anderen Ländern ziehe ich als Alleinreisende mit Hund im Gepäck häufig die Blicke auf uns. Nicht selten werde ich dies und das gefragt zum Radfahren mit Hund im Allgemeinen oder zum Hundeanhänger im Speziellen.
In Tschechien habe ich die Menschen sehr reserviert erlebt. Selten habe ich ein Lächeln gesehen wenn wir vorüber fuhren, doch auch keinen abschätzigen Blick. Eher so eine Gleichgültigkeit.
Ich kann nicht sagen, dass ich Tschechen als unfreundlich empfunden habe, jedoch auch nicht als besonders herzlich oder offen.
Tipp: so grenznah konnte ich überall mit Euro zahlen. Ein Währungsumtausch war also nicht nötig
Insgesamt kann man in Tschechien viel günstiger leben als etwa Italien oder Österreich. So kostete mich das riesige, dick belegte Baguette, ein Kaffee und ein Liter Cola 6,50 Euro.
Der Fährmann verlangt für einmal über die Elbe mit Rad und Hund 2 Euro. Im Vergleich habe ich auf Rügen für eine vergleichbare Strecke 6 Euro gezahlt.
Aber nun geht's weiter, denn ich brenne darauf, Euch den Ausblick zu zeigen, den ich nach einer Fahrt durch einen wunderschönen Wald erreichte. Postkartenreif, oder?
Der Aussichtspunkt ist nur über Wanderwege zu erreichen, deren Beschaffenheit sich in Komoot nicht eindeutig ausmachen lässt. Insofern war es Glück, dass die Rechnung aufging und sowohl Anfahrt als auch die Abfahrt nach Decin mit meinem vollbepackten Rad leicht machbar waren.
Nach einer Durchfahrt der Stadt Decin führt uns die Tour linksseitig wieder retour nach Bad Schandau.
Unterwegs hatte ich immer wieder über die Strecke nachgedacht, denn nach Decin endete der Plan mehr oder weniger. So kam es, dass wir in Bad Schandau erneut auf die andere Uferseite wechseln und dieses Mal nicht südwärts sondern nordwärts fahren. Ich hatte mir dort einen Forstweg ausgespät, der auf's Hochufer führt. Und wieder ist Glück im Spiel, denn entgegen meiner Befürchtung - ich sah mich schon steil bergan schieben - lässt sich der Weg durchgängig fahren und ist toll für Napoli zum Laufen. Und so kommt es, dass wir völlig unerwartet in den Genuss eines abendlich angestrahlten Lilienstein und einem tollen Ausblick auf die Festung Königstein kommen.
Mein Weg führt uns weiter durch's Polenztal zur Bastei. Im Polenztal ist Radfahren verboten. Weil aber Umkehren zu mühsam ist und Napoli unbedingt noch mehr Laufen möchte, schiebe ich mein Rad durch dieses wunderschöne, schattige Tal am Bachlauf entlang.
Am Ende des Polenztals könnten wir in Serpentinen nach Hohnstein hinauf radeln. Weil ich jedoch noch nicht weiß, dass es dort eine tolle Burganlage zu bestaunen gibt, lasse ich das aus und besuche die Burg erst ein paar Tage später.
Danach steuere ich die Bastei an, denn ich möchte doch mal gucken, was da so viele Menschen anzieht. In Massen strömen die Touristen auf den Einlass der Anlage zu oder auf das Restaurant, oder beides. Das ist nichts für mich. In der Ferne sehe ich einen Felsbalkon, auf dem jemand steht. Hej, das müsste doch auch ein hübscher Ausguck sein. Schnell Komoot konsultiert, ob wir mit dem Rad dort hingelangen. Sollte gehen. Und 15 Minuten später stehen wir an diesem schönen Aussichtsort allein.
Tipp: Camping am Aktivhof in Porschdorf
Wunderschön gelegener Campingplatz an einem toll renovierten Vierseithof. Mit sehr viel Liebe wurden hier Areale für Wohnmobile und Zelte eingerichtet. Die Aussicht ist einfach klasse, der Preis günstig.
Schwerpunkt des Hofes ist die Beherberung von Gruppen und Aktivitäten mit diesen. So kommt es, dass Schulklassen anwesend sein können. Von denen bekommt man fast nichts mit, muss aber die sanitären Anlagen teilen. Da wird es dann schon eng und Stoßzeiten sollte man meiden.
Mehr den Radwegweisern folgend, mache ich mich auf den Rückweg nach Pirna, als ich an einem Schild vorüber komme, das den Weg zur "Wilke Aussicht" weist. Erneut ein kurzer Check in Komoot und ich wage mich in den schmalen Pfad zu besagtem Aussichtspunkt. Bingo! Wie gut ist es doch, spontanen Ideen zu folgen und wie hilfreich ist ein digitales Tool wie Komoot dabei (Übrigens werde ich nicht von Komoot bezahlt, dass ich hier so viel Werbung mache 🙂
Der Wilke Aussicht schließt sich der Steinbruchpfad an. Ich hatte mit diesem Weg schon auf der Karte geliebäugelt, folgt er doch dem gesamten Hochufer nach Pirna. Also folge ich dem Wanderpfad, auf dem ich zunächst sogar noch fahren kann. Doch damit ist bald Schluss und es wird eng, hindernissreich und zuweilen bewege ich mich verdammt nah am Abgrund.
Strecke
Radfahrwege sind in der Sächsischen Schweiz hervorragend ausgeschildert. Es gibt ewig viele Varianten, Abkürzungs- oder Umfahrungsmöglichkeiten.
Auf meiner Strecke gibt es zwei Sequenzen, deren Umfahrung überlegt werden sollte:
- Polenztal (grob zwischen Waltersdorf und Hohnstein) - Radfahren ist hier untersagt. Ich habe das Rad dort geschoben weil es für Napoli herrlich zum Laufen war. Es lohnt sich auf jeden Fall, dauert aber etwa eine Stunde.
- Steinbruchpfad (der Schlenker am Hochufer der Elbe bei Dorf Wehlen) - ein wunderschöner, einsamer Wanderpfad mit ganz viel Vergangenheit, der nur leider zum Radfahren mit Anhänger so gar nicht geeignet ist. Zu schmal, zu viele Hindernisse.
Tipp: digitale Karten offline auf dem Smartphone abspeichern. Dazu eignet sich sogar ein ausrangiertes Modell ohne SIM Karte. Selbst ohne WIFI oder Datenvolumen sieht man seine jeweilige GPS Position.
Braucht man kurz WIFI für eine Neu- oder Umplanung, kann man sich heutzutage in den großen Supermärkten einloggen.
Ich bin wenige Tage später noch eine Tagestour gefahren, die gut mit der großen Runde verknüpft werden kann. Lediglich das Verbindungsstück müsste ergänzt werden.
Mein Material
Fahrrad: Rose Count Solo - leichtes Hardtail mit 1-fach Schaltung. Vorteil; Anbringungspunkte für Gepäckträger. Nachteil: kein stabiler Ständer zu montieren.
Hundeanhänger: Burley Tail Wagon - leichtester Anhänger auf dem Markt. Nachteil: Regen- und Sonnenschutz muss kreativ hinzugefügt werden. Originalmatratze zu schwer - auch da habe ich eine individuelle Lösung.
Zelt: MSR Hubba - ultraleichtes Zweipersonen Zelt. Napoli schläft drinnen sonst würde er Nachts auf Jagd gehen. Als Unterlage dient die Matratze des Hundeanhängers - ein herausgeschnittenes Stück Schaumstoff aus einer alten Matratze.
Isomatte: Kaikkialla Kuopio, 70 cm breit und 7,5 cm dick. Ich bin rückenkrank und brauche eine dicke Unterlage. Die Matte falte ich auf drei Lagen und lege sie in den Anhänger unter Napolis Matratze. Gäbe es diese Option nicht, würde ich die Matte wegen des gewaltigen Packmaßes nicht mitnehmen. So aber liebe ich sie.
Schlafsack: Western Mountaineering - jeden Cent wert
Zum Gepäcktransport verwende ich verschiedene Marken: an meinem ultraleichten Gepäckträger hängt eine Ortliebtasche mit der QL 3.1 Befestigung. Darin steckt ein Rucksack mit den Wertsachen, den ich zum Einkaufen einfach herausnehme. Ebenfalls von Ortlieb sind die Front Racks an der Gabel.
Das Zelt ist in der Satteltasche von Topeak. Das Smartphone thront auf dem Oberrohr in einer Tasche von Aldi. Der Schlafsack (in wasserdichtem Packsack) hängt in einer selbstgenähten Befestigung am Lenker.
Insgesamt war ich sehr zufrieden mit diesem Set-up.
Fotos: Sony Alpha 6 (mit Fernauslösung von Hähnel Captur) oder Google Pixel 6 Smartphone
Stativ: my mingga
Powerbank: schwer, lädt aber Foto und Handy zweimal komplett auf
Tja, alle Fotos, auf denen ich zu sehen bin, sind gestellt. Sprich, ich halte an, richte die Kamera ein - manchmal mit Zeitauslöser, manchmal mit Fernauslöser - dann mutiere ich zum Fotomotiv. Aus diesem Grund ist Napoli oft gar nicht auf dem Foto, oder er steht unmotiviert herum. Er weiß nämlich genau: solange das Ding dort steht, geht es nicht weiter 🙂