Rennsteig mit Rad und Hund

Rennsteig mit Rad und Hund

23. Juni 2023
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Bikepacking im Thüringer Schiefergebirge

Wald, Wald, Wald. Schotter, Schotter, Schotter. Mehr Worte braucht es nicht, um den Rennsteig zu beschreiben. Klingt ein wenig eintönig? Nun ja, wer im Sauerland wohnt, dem mag es langweilig erscheinen, mehrere Tage über den Rennsteig zu radeln. Für alle anderen - insbesondere für Radler mit Hund - ist dieser Weg eine Offenbarung. Es gibt den Rennsteig Weitwanderweg und ebenso gut ausgeschilderte Radrouten. Beide kreuzen sich, verlaufen parallel, trennen sich wieder, verlieren sich aber nie komplett im gewaltigen Wegenetz des Thüringer Schiefergebirges. So kann jeder Radler nach eigenem Befinden den Rennsteig durch Abstecher verlängern, Höhenmeter hinzufügen, Trails rocken oder Erleichterung auf der Straße finden. Vierbeiner können nahezu den kompletten Weg auf unbefestigtem Untergrund laufen. Gelegentlich trifft man (besser: ich Mitte Juni) Wanderer oder andere Biker. Doch insgesamt ist es sehr einsam.

Unser individueller Rennsteig startete in Zella-Mehlis und führte zunächst mit einer Übernachtung nach Förtha bei Eisenach. Dort haben wir die Direktverbindung der Bahn nach Neuhaus am Rennweg bestiegen, um von dort wieder Richtung Norden zum Auto zu pedalieren. Insgesamt eine Strecke von 134 Kilometern und 1760 Höhenmetern. Durch die gute Erreichbarkeit von Zella-Mehlis direkt an der Autobahn war diese Option für uns sehr günstig. Die Direktverbindung der Bahn auf dieser Strecke war für mich ebenfalls enorm attraktiv weil die Rückreise von den originalen Endpunkten Hörschl oder Blankenstein mehrere Umstiege beinhaltet. Der Rennsteig ist übrigens in beide Richtung bestens beschildert. Besser geht es wirklich fast nicht. Da man jeweils von den Endpunkten einmal in die Höhe strampeln muss, bleibt es gleich, ob man die Fahrt von Nord nach Süd oder umgekehrt bestreitet.

Obwohl ich gelesen hatte, dass alle paar Kilometer Schutzhütten zu finden sein würden, nahm ich das Zelt mit. Mit dabei war meine Luxus-Isomatte, 7 cm dick und auf drei Lagen gefaltet, unter Napolis Anhängermatratze verstaut. Ich bin älter und rückenkrank - bisschen Komfort muss sein. Das Zelt hätte ich allerdings getrost Zuhause lassen können, denn die zahlreichen Hütten entlang des Weges sind wirklich toll. Es hat jede Nacht einmal kräftig geschauert, was in einer festen Behausung schon deutlich besser auszuhalten ist als unter einer Zeltplane.

Übernachtungen in Gasthäusern wären auch möglich. In diesem Fall müßten die Etappen jedoch genau geplant werden.

Um die Infrastruktur war es ansonsten nicht so gut bestellt. Deutlich ist die spärliche Besiedelung der Gegend zu spüren. Etliche Gasthäuser entlang der Strecke hatten dauerhaft zugesperrt oder Ruhetag. Wegen der Schwüle brauchte ich mehr Wasser als ich hätte mitnehmen können. Denn weil Bäche rar sind, hatte ich auch Hundewasser zu transportieren. In der Früh aufbrechen und kaum noch Flüssigkeit zu haben, ist ungünstig. Denn die wenigen bewirtschafteten Häuser öffnen oftmals erst gegen 11 Uhr. Gelegentlich gibt es öffentliche Toiletten (50 Cent Stücke sind dafür notwendig), auf denen Wasser nachgetankt werden kann.

Eine wunderbare Übersicht über die Schutzhütten, Verpflegungsstellen und Wasserversorgung findet man auf bikepacking.com.


Strecke und Bahnfahrt

Früher war ich felsenfest von Landkarten aus Papier überzeugt. Für eine Gesamtübersicht bin ich es noch immer. Für die Planung und vor allem auf Tour bin ich aber mittlerweile begeistert von digitalen Tools. Ich nutze Komoot sehr gern. Für mich gibt es einige unübertreffliche Vorteile, zu denen ich demnächst einen eigenen Beitrag schreiben werde.

Tipp: digitale Karten offline auf dem Smartphone abspeichern. Dazu eignet sich sogar ein ausrangiertes Modell ohne SIM Karte. Selbst ohne WIFI oder Datenvolumen sieht man seine jeweilige GPS Position.
Braucht man kurz WIFI für eine Neu- oder Umplanung, kann man sich heutzutage in den großen Supermärkten einloggen.

Von Förtha geht stündlich eine Direktverbindung nach Neuhaus am Rennweg. Fahrtzeit rund 3 Stunden. Der Zug beginnt in Eisenach und meine Verbindung um 12.22 Uhr war bereits recht voll. Viele Berufspendler nehmen ihr Rad auf dieser Strecke mit. Der Schaffner hätte mich abgewiesen, wäre ich nicht bereits mit Sack und Pack eingestiegen. Im Wagen gab es einen Fahrkartenautomat und der freundliche Bahnbedienstete übernahm die Auswahl des Ticket: Thüringen Ticket für 2 Personen. 35 Euro.

Tipp: an manchen 4-er Sitzplätzen gibt es Steckdosen (50 W) zum Laden der elektronischen Geräte.

Zugegeben, das Einsteigen in die Bahn - so ganz allein mit Hund - war kein Zuckerschlecken. Dabei hatte der Zug sogar nur einen einzigen Wagon. Insgesamt habe ich die Erfahrung gemacht, dass andere Fahrgäste sehr hilfsbereit sind. Der eine hält den Hund während man Rad und Anhänger verräumt und sichert. Der nächste packt mit an.

Maulkorb nicht vergessen!

Tipp: zur Befestigung in der Bahn und zum kompakten Falten des Anhängers sind je ein Gurt ganz brauchbar.

Mein Material

Fahrrad: Rose Count Solo - leichtes Hardtail mit 1-fach Schaltung. Vorteil; Anbringungspunkte für Gepäckträger. Nachteil: kein stabiler Ständer zu montieren.

Hundeanhänger: Burley Tail Wagon - leichtester Anhänger auf dem Markt. Nachteil: Regen- und Sonnenschutz muss kreativ hinzugefügt werden. Originalmatratze zu schwer - auch da habe ich eine individuelle Lösung.

Zelt: MSR Hubba - ultraleichtes Zweipersonen Zelt. Napoli schläft drinnen sonst würde er Nachts auf Jagd gehen. Als Unterlage dient die Matratze des Hundeanhängers - ein herausgeschnittenes Stück Schaumstoff aus einer alten Matratze.

Isomatte: Kaikkialla Kuopio, 70 cm breit und 7,5 cm dick. Ich bin rückenkrank und brauche eine dicke Unterlage. Die Matte falte ich auf drei Lagen und lege sie in den Anhänger unter Napolis Matratze. Gäbe es diese Option nicht, würde ich die Matte wegen des gewaltigen Packmaßes nicht mitnehmen. So aber liebe ich sie.

Schlafsack: Western Mountaineering - jeden Cent wert

Zum Gepäcktransport verwende ich verschiedene Marken: an meinem ultraleichten Gepäckträger hängt eine Ortliebtasche mit der QL 3.1 Befestigung. Darin steckt ein Rucksack mit den Wertsachen, den ich zum Einkaufen einfach herausnehme. Ebenfalls von Ortlieb sind die Front Racks an der Gabel.

Das Zelt ist in der Satteltasche von Topeak. Das Smartphone thront auf dem Oberrohr in einer Tasche von Aldi. Der Schlafsack (in wasserdichtem Packsack) hängt in einer selbstgenähten Befestigung am Lenker.

Insgesamt war ich sehr zufrieden mit diesem Set-up.

Fotos: Sony Alpha 6 (mit Fernauslösung von Hähnel Captur) oder Google Pixel 6 Smartphone

Stativ: my mingga

Tja, alle Fotos, auf denen ich zu sehen bin, sind gestellt. Sprich, ich halte an, richte die Kamera ein - manchmal mit Zeitauslöser, manchmal mit Fernauslöser - dann mutiere ich zum Fotomotiv. Aus diesem Grund ist Napoli oft gar nicht auf dem Foto, oder er steht unmotiviert herum. Er weiß nämlich genau: solange das Ding dort steht, geht es nicht weiter 🙂