We love gravel !

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10. September 2022
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Bikepackingtour mit eBike, Hundeanhänger und Zelt

Der Sommer war trocken und ich habe für mich das Schwimmen wieder entdeckt. In unserer Nähe, zwischen Ruhpolding und Reit im Winkl, gibt es die wunderbar naturbelassenen Seen inmitten der Berge, die für Hundehalter den unschlagbaren Reiz haben, dass Vierbeiner erlaubt sind. Außerdem hatte ich in Erinnerung, die Seen selbst im Hochsommer ohne allzuviele Badegäste angetroffen zu haben. Also ideal für einen Badeausflug! Aber wie? Mit Auto kommt nicht in Frage. Mit dem Rad hin und zurück an einem Tag? Langweilig. So entstand diese Rundtour mit einer Übernachtung im Zelt auf der Wiese eines netten Ferienhauses. Doch ich greife vor.

Zwei Tage sonniges Wetter prognostizierte der Wetterfrosch. Ideal für eine Frostbeule wie mich. Also los. Ohne Kochgeschirr, nur mit Zeltequippment, ist das Gepäck schnell verteilt auf Rad und Anhänger und es kann losgehen. Noch immer scheue ich davor, mein Fahrrad ohne Strom für solche Aktionen zu nehmen. Obwohl ich es doch so viel mehr mag als mein eBike. Ich hatte auch dieses Mal keinen Plan für die Strombeschaffung, wollte ich doch am Liebsten wild campen. Diesen Gedanken verschob ich aber einfach auf den Abend und so radelte ich völlig unbeschwert los.

Gleich zu Beginn chauffierte ich meinen kleinen schwarzen Gefährten den Teisenberg hinauf. Die Route verläuft nicht über den höchsten Punkt, aber einige Höhenmeter sind es durchaus. Napoli HASST diesen Berg. Ich kann es nicht erklären, doch egal welche Strecke ich an diesem Teisenberg wähle, er begleitet mich laufend mit solchem Unmut, dass es mich zur Weissglut bringt. Also wurde Herr Hund bis fast zum höchsten Punkt befördert und durfte dann ein Stückchen bergab traben.

Auf der anderen Seite des Teisenbergs zweigt man noch vor Inzell in ein wunderschönes Naturschutzgebiet ab. Wasserreich ließ sich die Wärme des Tages hier gut ertragen und so dachten wohl viele andere Hundehalter. An jedem hübschen Gewässer haltend, fotografierend, filmend und plantschend kamen wir nur langsam voran. Aber - der Weg ist das Ziel. Es ging nicht darum, Strecke zu machen.

Diese erste Tagesetappe kannte ich fast vollständig von anderen Radtouren. Um so erstaunter war ich, als ich bei Auffahrt auf die Kaitalm eine ganze Horde von Jugendlichen antraf. 40 waren es sicherlich, die sich in Grüppchen über den Forstweg schleppten. Uns machten sie brav Platz und bewunderten Napoli, der sich seinerseits ebenfalls eher dahin schleppte. Als wir auf der Abfahrt an ihnen vorüber brausten staunten sie nicht schlecht.

Zwar konnte ich kaum erwarten endlich ans Wasser zu kommen, doch brauchten wir noch Lebensmittel. Also, Abstecher nach Ruhpolding. Selbst gestärkt zog sich die nachfolgende Strecke lang hin bevor endlich der erste See erreicht war. Direkt an der Straße liegend ist der allerdings nur ein Vorgeschmack auf die Seen, die noch folgen. Am Mittersee war es mit meiner Geduld am Ende. Ein fast menschenleeres Ufer lud zu sehr zum Rasten ein auch wenn der See selbst erschreckend leer war. Egal, sich ausbreiten, alles von sich werfen, ins erfrischende Wasser springen. Die Tagesetappe war ja gar nicht lang, doch es reichte. Und das Bad war herrlich nachdem tiefer Matsch und Algen überwunden waren. Ein wenig konnte ich noch im warmen Gras sitzen, essen, die untergehende Sonne genießen - und überlegen, wie ich es mit dem Strom handhaben wollte. Ich entschied mich für den Campingplatz, den ich auf meiner Landkarte gesehen hatte. Doch es kam anders.

Das Seegatterl ist eine Ansammlung von wenigen Häusern, einem alten Hotel, das heute Asylantenheim ist, einem aufgelassenen Wohnmobilpark, auf dessen Parkfläche Unkraut wuchtert - weit und breit kein Campingplatz. So ist das, wenn man alten, gedruckten Landkarten vertraut. Ich drehte ein paar Runden und schaute in die Stromkästen ders ehemaligen Wohnmobilplatzes. Ohne Erfolg. Dann erinnerte ich mich, ein Haus gesehen zu haben, das nicht ganz so verlassen aussah. Und Bingo. Im Garten des Ferienhauses www.seegatterl.com durfte ich campieren und meinen Akku laden.

Zwei Almen und viel Aussicht in die Berge

Die Wärme des nächsten Tages verlangte nach einem frühen Aufbruch. Unsere Strecke führte direkt bergan, wobei ich wählen konnte zwischen Asphalt und Schotter. Ich entschied mich für die Mautstraße, noch einsam im Schatten lag. So könnten wir den ersten Anstieg schnell hinter uns bringen. Napoli war guter Dinge und lief schön an meiner Seite. Die Alm war schnell erreicht und uns begrüßte die Sonne. Zwar fand ich die Stimmung unangenehm touristisch, doch die Morgenstimmung versöhnte dafür. Also ignorierte ich ein größeres Hotel mit riesiger Restaurantterasse, den üppigen Parkplatz und diverse andere Gastronomiebetriebe und wir genossen erst einmal den Blick über das Hochplateau. Nach nur wenigen Minuten ist der Rummel verlassen und man taucht ein in eine mystische Landschaft. Ein umfangreiches Wegenetz durchzieht das Plateau durch viel Wald, vorüber an Almwiesen, Latschen und Heidekraut.

Die Wälder waren noch frisch vom nächtlichen Tau doch Napoli bestieg ungebeten seinen Anhänger. Das sind die Momente, an denen ich über die Wahl des eBikes glücklich bin. Mit normalem Rad würde mein kleiner Begleiter deutlich mehr laufen müssen und das wäre mir in der Wärme nicht recht. Mit Strom ziehe ich ihn notfalls überall hoch. Dennoch mache ich mir die Tourenwahl immer sehr schwer. Bergauf wünsche ich mir einen möglichst hohen Anteil an Forststraßen, so dass Napoli viel und ungestört laufen kann. Bergab ist es mir egal. Diese Tour ist nahezu perfekt. Bis auf wenige Sequenzen führt sie über Alm- und Forstwege sowie über Fahrradwege mit Naturbelag. Gravel halt.

Die zunächst geschotterte und dann asphaltierte Abfahrt ins Tal ist fantastisch. Vor allem im unteren Teil zwang mich der Blick ins Tal der Saalach immer wieder zum anhalten und fotografieren. Unten angelangt nutzt man ein kurzes Stück den Tauernradweg entlang einer stark befahrenen Transitstrecke um zur nächsten Auffahrt zu gelangen. Im kleinen Ort Reith beginnt die Steigung, die teilweise ordentlich zur Sache geht. Der Motor muss hier einiges leisten und Gefühl ist gefragt, damit das Hinterrad nicht durch rutscht. Doch sind diese Abschnitte nicht lang. An einem Brunnen stoppte ich, dankbar für frisches Trinkwasser. Bähm, der Blick zurück in die Leoganger Steinberge war fantastisch.

Diese Parallele zum Tauernradweg ist ein unbedingtes Muss für Radler, die Höhenmeter nicht scheuen. Eine prächtige Bergkulisse, Einsamkeit und plätschernde Bäche sind um so vieles attraktiver als die Variante unten im Tal. Napoli wollte und sollte über weite Strecken selbst laufen, was dank der zahlreichen erfrischenden Brunnen und Bäche gut möglich war.

Früher galt diese Mountainbikestrecke an der Aschauer Klamm als schwierig. Doch mittlerweile hat man den Pfad zum Fahrweg verbreitert, Tunnel in den bröseligen Fels gegraben und alles versichert, so dass auch Anhänger hier problemlos fahren können. Die Klamm selbst zeigt sich nicht, dafür rechterhand die steilen Felswände der Reiter Berge.

Ist die lange Abfahrt zur Saalach vollbracht, stehen der geteerte Radweg auf ihrer linken Flußseite oder der Naturweg auf der rechten Flußseite zur Auswahl. Ich entschied mich für letzteren und vollendete die Runde mit einem müden Hund im Anhänger an Bad Reichenhall vorbei nach Hause.


Die Strecke

Übernachtung im Garten von www.seegatterl.com

Anger - Inzell - Ruhpolding - Weitsee - Seegatterl37 km, 894 Höhenmeterhier geht's zu Outdooractive
Seegatterl - Winklmoosalm (Ö) - Unken - Bad Reichenhall - Anger58 km, 943 Höhenmeterhier geht's zu Outdooractive