Dachstein Runde in 4 Tagen

Dachstein Runde in 4 Tagen

4. Juli 2021
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Radtour mit eBike, Hundeanhänger und Zelt im Gepäck

Schon lange reizt es mich, Mehrtagestouren auf dem Rad mit meinem kleinen Vierbeiner zu unternehmen. Doch gibt es zwei Gründe, aus denen ich bislang nicht mehr als zögerliche "Testtouren" absolviert habe. Am Liebsten würde ich mit normalem Rad losziehen, das Zelt im Gepäck, völlig flexibel und nur ganz gelegentlich für eine Dusche auf einen Campingplatz einkehrend. Nur habe ich neben Zelt und Zeug auch Hund und Anhänger dabei. Also schlappe 30 Kilogramm zusätzlich. Und dieses Gewicht bringt mich im bergigen Terrain nun doch an meine körperliche Leistungsgrenze. Denn - und nun kommt der zweite Grund - ich liebe die Berge und eine Flachstrecke würde mir nur halb so viel Spaß machen. Außerdem ist Napoli eher ein Trödler und in der Ebene passt unser Tempo schlecht zueinander. Aber einen Tod muss man bekanntlich sterben: entweder flache Topografie oder eBike als Transportmittel. Und so entschloss ich mich kürzlich für Letzteres. Denn wer es nicht ausprobiert hat, kann schließlich auch nicht mitquatschen. Vielleicht ist es ja doch gar nicht so verkehrt.

Schnell war unser Reiseanhänger startklar gemacht und es ging per Auto zum Startpunkt (Details zum Material und zur Strecke gibt's am Ende des Berichts). Die Wettervorhersage war für 4 Tage sehr gut. Zu gut eigentlich, denn 30 Grad sind im Grunde zu heiß für Aktivitäten mit meinen kleinen Freund. Auch in dieser Hinsicht harmonieren wir zwei nicht so rasend gut. Ich mag's nämlich warm und sonnig, vor allem beim Zelten. Den wilden Jahren bin ich längst entwachsen. Mein Rücken streikt bei Kälte und Nässe und meine Motivation erst recht. So war ich froh über eine kühlere erste Auffahrt in's Skigebiet Hornspitz, auf der ich mich um Napoli's Wohlbefinden nicht sorgen musste. Wie auf unseren Bike&Hike Touren trat ich mit der untersten Unterstützungsstufe fleißig in die Pedale während Napoli hier schnüffelte und dort markierte. Die Rückblicke in den Tennengau waren wunderschön auch wenn sich das Tennengebirge in Wolken hüllte. Eine liebliche Landschaft ist das, die mir noch recht verschlafen erscheint.

Die Dachstein Runde (genau so ist es auf den weißen Wegweisern zu lesen) ist bestens ausgeschildert. Im Prinzip kann man seinen Weg ohne Karte und Navi finden, doch ich habe gern den großen Überblick und hatte zwei Landkarten im Gepäck, die die gesamte Strecke abdecken. Den Wegweisern ist die Schwierigkeit des jeweils nächsten Streckenabschnittes zu entnehmen. Es gibt eine eBike-Variante, eine blaue, rote und schwarze. Die Besonderheit der eBike Version hat sich mir nicht erschlossen. Ladestationen habe ich nämlich nirgends gesehen. Auf dem höchsten Punkt des Hornspitz stellten ausnahmsweise drei Wegweiser alternative Abfahrten zur Auswahl. Eine blaue, eine rote und eine schwarze. Auf der Karte erkannte ich, dass die schwarze Abfahrt über einen gestrichelten Wanderweg führte. Nichts für mich mit Anhänger. Doch die rote - warum nicht mal versuchen? Die nächste halbe Stunde schob ich also mein Rad bergab über eine elend steile Versorgungspiste und musste immer wieder meinen Anhänger abbremsen, der mich überholen wollte. OK, also kam für uns nur die blaue Strecke in Frage. Doch in den folgenden vier Tagen fand ich selten mal einen schwarzen oder roten Abzweig und hatte somit ohnehin keine Wahl zu treffen.

Im Supermarkt von Gosau gab es erst mal eine Wurst für Napoli, der schon ziemlich müde in seinem Anhänger schlummerte und ein spätes Frühstück sowie Power-Cola für mich. Es war mittlerweile ordentlich warm geworden. Nach einem Brunnen Ausschau haltend fiel mir auf, dass ich an keinem einzigen vorüber gekommen war. Und so sollte es auf der gesamten Runde bleiben. Sehr selten hat der Radler die Gelegenheit, seine Wasserflaschen zu füllen ohne einzukehren.

Nach einer langen Mittagssiesta, die ich in den nächsten Tagen zur Regel machte, folgte die zweite lange Auffahrt über eine beliebte Mountainbikestrecke. Verschiedene Touren führen über einen Pass zwischen Gosausee und Hallstättersee, zwei wirklichen Highlights. Die Gosauseen - vorderer und hinterer - werden von den felsigen Zacken des westlichen Dachsteins flankiert. Ganz entfernt glitzert der Dachsteingletscher. Den sehr viel größeren und besiedelten Hallstättersee zieren weniger beeindruckende Bergflanken. Seine Reize liegen in der Ortschaft Hallstatt, die kühn ans Wasser gebaut wurde. An seinem Ufer lag unser erstes Ziel. Ein ganz besonderer Campingplatz mit eigenem Badestrand, üppiger Vegetation, verwinkelt, bunten Zirkuswagen, liebevollen Details. Schade, dass der Etappenradler abends kommt und morgens geht, denn dieser Ort wäre definitiv einen längeren Aufenthalt Wert gewesen. Das Örtchen Obertraun am Hallstätter See kann ich ohnehin jedem Wohnmobilisten ans Herz legen, der Urlaub in den Bergen mit Baden verbinden möchte. Entlang des Sees gibt es zahlreiche öffentliche Badeplätze und sogar Parkplätze, auf denen das Campieren im Wohnmobil gegen Parkgebühr gestattet ist. Wo findet man sowas in der heutigen Zeit schon noch? Ich komme definitv wieder - mit meinem roten Büs'chen!

Für den nächsten Morgen hatte ich den Wecker auf 5 Uhr gestellt. Ohne Frühstück waren die Piselotten schnell zusammen gepackt. Ich hatte mangels Gepäckträger ja kein Kochgeschirr dabei - eigentlich totaler Quatsch, wenn man auf Campingplätze geht. Und dieser Tag war noch dazu ein Sonntag. Es würde kein Lebensmittelgeschäft geöffnet haben. Zunächst noch genoss ich die einsame Fahrt entlang des Hallstättersees. Lang hatte ich überlegt, ob ich der originalen Strecke über den Pötschenpass folgen sollte, denn der nächste Weg durch das Koppental schien auch nicht so schlecht. Doch der mühsam angelegte Rad- und Wanderweg auf der Ostseite des Sees lohnt sich. Für die Auffahrt zur Pötschenhöhe erwischte ich ungeplant einen schattigen Weg entlang eines Baches. Super für Napoli, um selbst zu laufen, denn damit war es aufgrund der Wärme bald wieder vorbei. Nachdem die beschilderte Route wieder gefunden war, ließ er sich bis zum Ödensee hauptsächlich kutschieren. In den kommenden Tagen merkte ich immer leicht, wenn es ihm zu viel wurde. Dann stellte er sich einfach vor den Anhänger - etwas, was er sonst NIE tut - und er durfte meist einsteigen.

Ein Teil dieser Etappe verläuft staubig und schattenlos in der Nähe einer befahrenen Bundesstraße, was mir gar nicht gefiel. Mit Erreichen des Ödensees ist dieser unschöne Abschnitt vorüber und am Ufer des hübschen Badeweihers lässt sich leicht ein diskretes und schattiges Plätzchen finden um ein paar Züge zu schwimmen. Einige Stunden verbrachten wir dort. Ich dösend, Napoli Fliegen fangend, unruhig zwischen Sonne und Schatten hin und her tigernd. Ein Badetag mit meinem Hund ist so nervig wie Einkaufen mit Kindern. Stelle ich mir zumindest vor. Ich habe ja keine Kinder.

Die weitere Strecke bis zum nächsten Etappenziel Bad Mitterndorf verlief über beste Forststraßen mit ein paar kernigen Rampen, wenig aussichtsreich und somit recht langweilig. Die leichte Version der Dachstein Runde führt übrigens hauptsächlich über Forststraßen, die meist glatt sind, wie ein Babypopo. Mit Anhänger ist wirklich alles gut fahrbar. Während ich so vor mich hin radelte, sinnierte ich, für wen sich die Umrundung des Dachstein gut eignet. Ich denke, sie macht Radlern Spaß, die gern abseits von Straßen unterwegs sind, doch keine technischen Herausforderungen suchen. Auch für Familien kann ich mir die Unternehmung spannend vorstellen. Wenn jeder selbst radelt, braucht man keine eBikes und damit wäre wildes Zelten möglich. Ende Juni habe ich auf der gesamten Strecke jedenfalls kaum Etappenfahrer getroffen, was ich verwunderlich fand.

Früh auf dem winzigen Campingplatz in Bad Mitterndorf angekommen, quetschten wir uns ins einzige schattige Eck, das noch frei war. Napoli war aus seinem Anhänger gar nicht mehr heraus zu bekommen. Während das Rad an der Stromquelle saugte, vertrieb ich mir den Nachmittag mit dem Studium der beiden Landkarten und Sortieren der Klamotten und .... ach, irgendwie waren mir die Etappen zu kurz, zu wenig fordernd. Aber so ist es nun mal bei 30 Grad mit schwarzfelligem Hundetier. Das schwächste Glied der Kette bestimmt den Tagesablauf. Und ich bin ja froh, dass mein kleiner Begleiter so vieles mitmacht.
Ständig prüfte ich den Ladestatus des Fahrrads, denn die Abrechnung des Stroms erfolgte nach Verbrauch. Und weil ich am nächsten Tag unbedingt wieder gegen 5 Uhr aufbrechen wollte, musste ich am Abend noch zahlen. Gegen halb acht war der Akku voll und ich konnte endlich essen gehen. Ich fand die Sache mit dem Strom einfach nervig.

Die dritte Etappe war wieder mehr nach meinem Geschmack. Den verschlafenen Salzasee hinter uns lassend, erklommen wir mit dem anbrechenden Tag ein riesiges Hochplateau. Endlich zeigte sich auch das Dachsteinmassiv wieder. Auf einer Wiese in der ersten Morgensonne verspeiste ich meinen letzten Energieriegel vor wunderschöner Kulisse. Eine lange Abfahrt folgte, die ihren Höhepunkt in einer Schlucht fand. Windungsreich war ein Sträßchen zwischen die Felsen gebaut worden und ich bestaunte schiebend die Szenerie. Napoli sprang schwanzwedelnd neben mir her und freute sich über den kühlen Bergschatten.


Im Ort Gröbming freute ich mich riesig über Lebensmittelshopping und die anschließende Vesper auf dem Kirchplatz. Solche Sequenzen liebe ich auf Radreisen. Das vagabundenartige Dasein - natürlich bei Sonnenschein - während um einen herum die Menschen ihrem Alltag nachgehen.
Gut genährt rollten wir hinuter zum Ennsradweg, dem wir durch das gleichnamige Tal Richtung Schladming folgen wollten. Auf weichen Wegen unter dichten Baumkronen, dann sonnenausgesetzter auf breiteren Staubstraßen durchradelten wir das Ennstal. Linkerhand erschienen die Skigebiete um Schladming, rechterhand präsentierte sich der Gebirgsstock des Dachstein. Ramsau, unser letztes Etappenziel, liegt zu seinen Füßen und aus dem Ennstal müssen ein paar Höhenmeter überwunden werden.

Ich frage mich manchmal, warum manche Regionen oder Orte touristisch so beliebt sind. Vermutlich verdanken sie ihre Popularität auch einem guten Marketing. Ramsau am Dachstein profitiert sicherlich von der Seilbahn, die Ausflügler weit hinauf zum Gletscher bringt. Auch als Ausgangspunkt für Wanderungen dürfte es gut gelegen sein. Und doch fand ich die Menge an Touristen reichlich übertrieben. Na, jedenfalls verbrachte ich auf dem letzten Campingplatz nochmal eine gute Nacht, bevor es auf die letzte Halbtagesetappe ging.

Jawoll, der letzte Tag war eine halbe Tagesetappe! Ich hatte die Tageskilometer nicht so genau im Kopf, doch anhand der Karte meinte ich, zum Abschluss noch einmal ordentlich gefordert zu werden. Pustekuchen. In stetigem Auf und Ab durchquerten wir Wälder. Nur zu Anfang bot sich ein vielversprechender Blick auf die Bischofsmütze, den doppelhöckrigen Gipfel über Filzmoos. Doch dann führte die Strecke ohne weitere Aussicht am Gebirgsstock vorbei.
Irgendwie kam ich nicht so recht in den Flow. Hund rein in den Hänger für die Abfahrt, Hund raus für eine Auffahrt. Der fand es auch doof und hatte sozusagen die Schnauze voll. Immer öfter verweigerte er das Einsteigen und forderte mich statt dessen zum Spiel auf. Natürlich tat ich ihm den Gefallen. Aber irgendwann musste er dann halt doch im Hundeanhänger Platz nehmen. Nicht mal das Wetter bescherte uns einen gelungenen Abschied. Das beschauliche Lammertal ist abgesehen von ausgedehnten Waldflächen auch durchaus reizvoll. Doch wo man die Gipfel noch einmal hätte bewundern können, hatten sie sich in Wolken gehüllt. Bald lag eine graue Wolkendecke über der ganzen Landschaft und ich schaltete den Turbo ein, um schnell das Auto zu erreichen.


Die Strecke

EtappeStart ZielKilometerHöhenmeterCampingplatz
1AbtenauObertraun61 km1.762 hmhttps://www.camping-park-am-see.at/
2ObertraunBad Mitterndorf55 km1.074 hmhttp://www.grimmingsicht.at/
3Bad MitterndorfRamsau / Hierzegg61 km 1.393 hmhttps://camping-dachstein.at/
4Ramsau / HierzeggAbtenau45 km 893 hm--

Karten: Freytag - Berndt jeweils 1:50.000 / WK 392 Tennengebirge, Lammertal, Osterhorngruppe und WK 281 Dachstein, Ausseerland, Filzmoos, Ramsau

Die Etappen ergaben sich aufgrund der Campingplätze. Alternativen gab es kaum; so reich an Plätzen ist die Gegend nicht. Die Übernachtung kostete zwischen 16 und 40 (!) Euro. Eine Person mit Hund, kleinem Zelt, Dusche und Strom. Zu zweit ist es vermutlich sinnvoller und auch leicht, ad hoc private Zimmer zu suchen. Das hat den Vorteil, dass der Akku einfach im Zimmer geladen werden kann. Auf diese Weise würde sich die letzte Etappe noch auf drei Tage verteilen lassen. In etwa so: Abtenau - St. Agatha / St. Agatha - Gröbming / Gröbming - Abtenau



Das Material

Als Reiseanhänger verwende ich am Liebsten meinen umgebauten Burley Encore X Kinderanhänger. Er ist schön geräumig und bietet vor allem jede Menge Stauraum. Das war auf dieser Reise ganz besonders wichtig weil ich für mein neues eBike noch keinen Gepäckträger kaufen konnte - Lieferengpässe wohin man schaut. Sowohl mein schnell genähtes Innenfach hatte wunderbar funktioniert als auch die Befestigung des Schlafsacks auf dem Dach bzw. am Schiebebügel hielt einwandfrei. Im Rucksack hatte ich nach Art von Transalps lediglich Wasserflaschen, Wechselkleidung, Kamera und was man sonst noch an Kleinzeug mitschleppt.

Mein eBike ist ein Centurion Backfire, das ich mir dieses Jahr zugelegt habe. Es wird mit einem Bosch PowerTube 500 Wh betrieben. Das ist nicht der größte Akku auf dem Markt, für mich reicht er aber allemal aus.
In der Ebene fahre ich gern ohne Motor, was dem Radeln mit normalem Fahrrad sehr ähnlich ist (kein Tretwiderstand, wie es früher der Fall war). Auf leichten Anstiegen passe ich mich dem trödeligen Tempo meines Hundes an und fahre mit einfachster Unterstützung. Was ich am eBike wirklich genieße, ist die Option in den Turbo zu schalten, wenn eine Rampe zu bewältigen ist, wenn ich rasch einer Kuhherde entkommen will oder eben wenn ich mein Hundetier bergauf ziehen muss.